Was ist der Omega-3-Index?

Der Omega-3-Index ist ein Biomarker für den Gehalt an Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) in den Erythrozyten. Diese zwei langkettigen Omega-3-Fettsäuren sind ebenso wie die Alpha-Linolensäure (ALA) essenziell. Er wird als prozentualer Anteil von EPA und DHA an den Gesamtfettsäuren in der Zellmembran der roten Blutkörperchen angegeben. Untersuchungen und Messungen zufolge kann der Index in einem Individuum zwischen minimal 2 % und maximal 20 % liegen. Optimal sind Werte zwischen 8 und 11 %. Die Messung des individuellen Levels scheint bei der Ermittlung des Versorgungsstatus besser geeignet zu sein, als die Bestimmung der alimentären Zufuhrmenge.

In den vergangenen Jahren ist das Interesse am Zusammenhang zwischen den EPA- und DHA-Versorgung und verschiedenen Erkrankungen enorm gestiegen. Untersuchungen legen nahe, dass die Versorgung von DHA und EPA in Europa nicht optimal ist. Bei 23.615 Messungen nach dem standardisierten Verfahren (1) lagen 76,15 % unter dem empfohlenen Spiegel von 8 bis 11 %.  Besonders bei Spiegeln < 4 % besteht Handlungsbedarf. Auch ein Index ≥16 %  sollte vermieden werden, da sich durch Störungen der Blutgerinnung das Risiko für Blutungen geringfügig erhöht.

Abbildung 1 Der Omega-3 Index (Y-Achse) in 23 615 Erythrozyten Proben aus Europa (X-Achse), die im Omegametrix-Labor nach dem standardisierten HS-Omega-3-Index® -Verfahren ermittelt wurden. Modifiziert nach (Von Schacky, 2019)

Abbildung 1 Der Omega-3 Index (Y-Achse) in 23 615 Erythrozyten Proben aus Europa (X-Achse), die im Omegametrix-Labor nach dem standardisierten HS-Omega-3-Index® -Verfahren ermittelt wurden. Modifiziert nach (Von Schacky, 2019)

Verschiedene Interventions- und epidemiologische Studien wie beispielsweise die Framington-Heart-Study zeigen, „dass höhere Spiegel mit einer niedrigeren Gesamtmortalität, einem selteneren plötzlichen Herztod sowie weniger tödlichen und nicht-tödlichen Myokardinfarkten, Schlaganfällen und anderen kardiovaskulären Erkrankungen einhergehen (z.B. [18, 21]).“ (Von Schacky, 2019) Außerdem konnte durch eine Erhöhung des Omega-3-Index eine Verbesserung mehrerer Risikofaktoren kardiovaskulärer Erkrankungen wie beispielsweise dem Blutdruck erzielt werden. Omega-3-Fettsäuren werden deshalb von kardiologischen Fachgesellschaften zur Sekundärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen bzw. zur kardiovaskulären Prävention empfohlen.

Da DHA eine wesentliche Strukturfettsäure des Gehirns ist, überrascht nicht, dass durch eine Erhöhung des Omega-3-Index die exekutiven Funktionen verbessert werden konnten. Exekutive Funktionen sind geistige Prozesse, die das Verhalten, die Aufmerksamkeit und die Gefühle gezielt steuern. Omega-3-Fettsäuren beeinflussen außerdem das Erinnerungsvermögens und die Reaktionszeit und stehen im Zusammenhang mit  psychischen Erkrankungen wie Depressionen. Bei Untersuchungen von Sportlern wurde die Intensität von Muskelkatern und Reaktionszeiten verbessert, bei Schwangeren sank das Frühgeburtsrisiko und nach der Geburt das Risiko einer Wochenbettdepression.

Welche Faktoren beeinflussen den Index?

Interessanterweise scheint nicht die alimentäre Zufuhrmenge, sondern vielmehr die Bioverfügbarkeit und die Art der Fettsäure den EPA/DHA-Spiegel zu beeinflussen. Menschen verwandeln die in den Lebensmitteln vorkommenden α-Linolensäure nicht in relevanten Mengen zu EPA, und EPA nicht zu DHA. Die genauen Umwandlungsraten sind jedoch noch nicht genau erforscht und unterliegen diversen Einflussfaktoren.

Die Bioverfügbarkeit der Omega-3-FS ist stark abhängig von der chemischen Form, Phospholipide  sind unter anderem besser verfügbar als Triglyceride und freie Fettsäuren, diese wiederum besser als Ethylester. (Dyerberg et al., 2010). Auch der Fettgehalt der Mahlzeit ist ein wichtiger  Faktor.  Je fettreicher, desto besser wird die Fettverdauung stimuliert und dementsprechend sind die Fettsäuren besser verwertbar. Von daher ist es wichtig fettreichen Fisch auszuwählen oder bei der Einnahme von Supplementen auf eine fettreiche Mahlzeit  zu achten.

Die EPA/DHA-Spiegel stehen allerdings mit der Zufuhr nur in losem Zusammenhang, das liegt an großen interindividuellen Unterschieden bei der Aufnahme, aber vor allem an Genetik und Katabolismus. Allerdings können Spiegel von EPA und DHA durch Anreicherung der Ernährung mit EPA bzw. DHA erhöht werden.  Wie genau jedoch die Omega-3-Fettsäuren reguliert werden oder welche Mechanismen zur Aufrechterhaltung eines Mindestniveaus bei minimaler Aufnahme, wie es beispielsweise bei Veganern und Vegetariern der Fall ist, ist bisher noch nicht erforscht. Die Wissenschaftler empfehlen deshalb, den Versorgungsstatus zu ermitteln und individuelle Empfehlungen zu geben, anstatt eine pauschale Dosierempfehlung auszusprechen.

Warum ist der Parameter gut geeignet? Wie wird der Omega 3-Index gemessen?

Der Omega-3-Index korreliert gut mit anderen Omega-3-Biomarkern wie Serum-EPA und -DHA. Der Omega-3-Index kann also für einen einzelnen Patienten zuverlässig Auskunft über dessen (langfristigen) Versorgungsstatus mit langkettigen Omega-3-Fettsäuren geben. Dies lässt sich mit dem HbA1c-Wert vergleichen, der Auskunft über die Blutzuckerwerte der letzten acht Wochen gibt.  Mittlerweile wird er in den USA regelmäßig in der klinischen Routine angewendet, in Europa hingegen noch nicht.

Als „Goldstandard“ für die Messung der EPA/DHA-Level gilt der HS-Omega-3-Index®. (HS steht für Hochsensitiv). Dieses standardisierte Analyseverfahren stellt ebenfalls die Basis für die Empfehlung der Level von 8 bis 11 %. In Studien zum Omega-3-Index wird dieser als Parameter verwendet, jedoch wird oft nicht das Referenzverfahren angewendet, wodurch es zu Abweichungen in den Ergebnissen und schlussendlich zur Üb­­er- oder Unterversorgung der Patienten kommen kann.

Von daher ist nicht zu sagen, ob und wann der Omega-3-Index ein ebenso üblicher Parameter in der klinischen Praxis sein wird, wie es heute der Cholesterin- oder Triglycerid-Spiegel sind. Dafür muss hauptsächlich die Untersuchungsmethode standardisiert werden, damit Ergebnisse verschiedener Labore vergleichbar sind. (Von Schacky, 2020) (Von Schacky, 2014, 2021)

Quellen und weiterführende Literatur

Dyerberg, J., Madsen, P., Møller, J. M., Aardestrup, I., & Schmidt, E. B. (2010). Bioavailability of marine n-3 fatty acid formulations. Prostaglandins Leukot Essent Fatty Acids, 83(3), 137-141. https://doi.org/10.1016/j.plefa.2010.06.007

Von Schacky, C. (2014). Der HS-Omega 3 Index®: klinische Wertigkeit standardisierter Fettsäureanalytik. LaboratoriumsMedizin, 38(4). https://doi.org/10.1515/labmed-2014-0007

Von Schacky, C. (2019). Verwirrung um die Wirkung von Omega-3-Fettsäuren. Der Internist, 60(12), 1319-1327. https://doi.org/10.1007/s00108-019-00687-x

Von Schacky, C. (2020). Omega-3 index in 2018/19. Proceedings of the Nutrition Society, 79(4), 381-387. https://doi.org/10.1017/s0029665120006989

Von Schacky, C. (2021). Importance of EPA and DHA Blood Levels in Brain Structure and Function. Nutrients, 13(4), 1074. https://doi.org/10.3390/nu13041074

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