Kombucha: Ein gesundes Trendgetränk?

Kombucha ist ein ursprünglich aus Fernost stammendes Getränk, das durch mikrobielle Fermentation von gezuckertem Tee entsteht und kalt genossen wird. Konnte man Kombucha noch vor 20 Jahren fast ausschließlich in Reformhäusern und Bioläden erstehen, so kann man dieses fermentierte Erfrischungsgetränk, das bereits seit über 2200 Jahren hergestellt wird (1),
heutzutage in fast allen Super- & Drogeriemärkten kaufen. Während sich die Produzenten mit gesundheitlichen Aussagen auffällig bedeckt halten (2), kursiert im Netz eine Vielzahl an gewagten Aussagen über den Einsatz von Kombucha, etwa als Mittel gegen AIDS oder zur Prävention von Diabetes (3). Aber wo kommt Kombucha eigentlich genau her? Und was passiert bei dieser Fermentation? Kann Kombucha bei gewissen Erkrankungen helfen? Diesen und weiteren Fragen wollen wir im Folgenden einmal auf den Grund gehen.

Die Wiege des Kombucha

Die erste dokumentierte Verwendung von Kombucha fand um 220 v. Chr. in der Mandschurei statt, einer ostasiatischen Region, die heute zu China und der Mongolei gehört. Dort wurde Kombucha unter der Tsin-Dynastie als Mittel zur Entgiftung & Energetisierung sowie aufgrund seiner heilenden Eigenschaften angepriesen. Etwas mehr als 600 Jahre später, im Jahr 414 n. Chr., brachte ein japanischer Arzt mit dem Namen „Kombu“ den Teepilz nach Japan, um – so die Überlieferung – die Verdauungsbeschwerden des japanischen Kaisers Inkyo zu lindern. Über Handelsrouten fand der Teepilz schließlich nach Russland und wurde von dort aus weiter in Richtung Osteuropa verbreitet. In Deutschland tauchte Kombucha zum ersten Mal im 19. Jahrhundert unter dem Namen „Heldenpilz“ bzw. „Kombucha-Schwamm“ auf. In Frankreich wurde Kombucha in den 1950er Jahren sehr beliebt und das Trinken fermentierten Tees wurde von dort aus in das französisch dominierte Nordafrika verbreitet (1).

Eine gäriges Sammelsurium

Auch wenn die umgangssprachliche Bezeichnung „Teepilz“ vermuten lässt, dass es sich bei einer Kombucha-Kultur um einen reinen Pilz handelt, so besteht die gallertartige Masse, die zur Herstellung von Kombucha eingesetzt wird, aus einem symbiotischen Zusammenschluss von Bakterien und Hefepilzen. Diese symbiotische Einheit wird auch als Scoby (Eng.: Symbiotic Culture of Bacteria and Yeasts) bezeichnet und bildet eine Art Biofilm, der an der Oberfläche des ruhenden Mediums schwimmt. Diese Art „Matte“ besteht aus Zellulose, und wird von im „Pilz“ befindlichen Bakterien synthetisiert. Ähnlich wie bei Milch-Kefir ist es schwierig, die genaue Zusammensetzung dieser Mikrobengemeinschaft anzugeben, da diese nicht immer gleich ist. Was sich allerdings sagen lässt, ist, dass auf Seite der Bakterien die Gattungen Acetobacter und Gluconobacter überwiegen. Innerhalb des Biofilms sind Hefen lokalisiert, darunter auch die gewöhnliche Bäckerhefe (saccharomyces cerevisae), die beispielsweise auch bei einem Natursauerteig kultiviert wird. Candida-Pilze und stickstofffixierende Bakterien können in einem Scoby ebenfalls vorkommen (1).

 

 

Saurer Tee „mit Schuss“

Zur Herstellung von Kombucha legt man den Scoby in gezuckerten Tee ein und lässt dieses Gemisch fermentieren. Die genauen Mengenverhältnisse variieren von Rezept zu Rezept. Ein gängiges Rezept sieht vor, dass man 1L Wasser kocht und darin 50 g Saccharose auflöst. Anschließend kommt das Wasser in ein geeignetes Gefäß und es werden 5 g echte Teeblätter hinzugegeben. Der Aufguss darf dann 5 Minuten ziehen. Sobald sich das Tee-Zucker-Gemisch auf Zimmertemperatur abgekühlt hat, folgen 24 g des Teepilzes. Das Wachstum unerwünschter Mikroorganismen, wie z.B. Schimmelpilze o.ä., wird durch die Zugabe von 200 mL fertigen Kombucha und die daraus resultierende Absenkung des pH-Wertes durch die enthaltenen Säuren erreicht. Um Fruchtfliegen fernzuhalten, sollte man das Gefäß mit Papier bedecken (1). Die stattfindende Fermentation verläuft schließlich in zwei Schritten: Im ersten Schritt spalten die enthaltenen Hefepilze die Saccharose auf und wandeln die so freigewordene Glucose zu Ethanol um, im zweiten Schritt oxidieren die anwesenden Essigsäurebakterien den so entstandenen Alkohol zu Essigsäure und sorgen damit für ein Absinken des pH-Wertes. Allerdings wird der entstandene Alkohol nicht vollständig zu Essigsäure umgewandelt, sodass Kombucha am sechsten Tag nach Fermentationsbeginn einen maximalen Alkoholgehalt von bis zu 5,5 g/L haben kann. Neben Alkohol entstehen bei der Kombucha-Herstellung auch noch viele weitere Verbindungen, darunter organische Säuren wie Milch- & Glucoronsäure sowie die wasserlöslichen Vitamine der B-Reihe (mit Ausnahme der Pantothensäure) und Vitamin C (4).

 

 

Ein Mittel gegen AIDS & Diabetes?

Tatsächlich existieren in der Fachliteratur einige Hinweise auf mögliche positive Effekte von Kombucha bei gewissen Erkrankungen. Das Gros der Studien, die einen gesundheitlichen Nutzen nahelegen, sind jedoch entweder Zellkultur-Studien oder Tierversuche, die generell keine direkten
Schlüsse auf die Wirkung bei Menschen zulassen. So gibt es beispielsweise Hinweise auf eine blutzucker- & cholesterinsenkende Wirkung bei Ratten bzw. Mäusen. Auch eine antioxidative Wirkung und eine ganze Reihe anderer Effekte konnte bei Versuchstieren nachgewiesen werden (1). Eine Suche nach aussagekräftigen Human-Daten zum Kombucha-Genuss in der Datenbank pubmed.gov (5) bleibt hingegen ohne Treffer. Lediglich im Register der Seite clinicaltrials.gov (6) sind 3 Studien eingetragen, die die Verabreichung von Kombucha auf die menschliche Gesundheit untersuchen oder untersucht haben. Nur die Ergebnisse einer dieser Studien sowie die Resultate einer indischen Publiaktion liegen zum heutigen Zeitpunkt vor. Dass die eine der beiden Studien (7), welche die Auswirkung von Kombucha auf die Darm-Mikrobiota untersucht hat, zu dem Ergebnis kam, dass die Verabreichung von Kombucha keinen probiotischen Effekt hat, scheint die Autoren dubioser Blogs (3) nicht zu kümmern. Die Untersuchung aus Indien (8), die der Auswirkung von
Kombucha auf die Blutzuckerwerte von Typ-2-Diabetikern auf den Grund ging, konnte dann aber doch zeigen, dass das mithilfe des „Wunderpilzes“ zubereitete Getränk zumindest eine – wie man bereits anhand von Tiermodell-Studien vermutete – blutzuckerregulierende Wirkung hat. Doch nur auf den ersten Blick, denn es gab neben den 24 Probanden, die täglich 60 mL Kombucha trinken sollten, keine Kontrollgruppe. Ein Placebo-Effekt ist somit nicht auszuschließen und sogar recht wahrscheinlich. Macht man sich auf die Suche nach einer von Kombucha-Befürworten (3) vielfach
erwähnten Studie, die angeblich gezeigt haben will, dass die Gabe von Kombucha bei HIV-Patienten innerhalb eines halben Jahres zu einer Gewichtszunahme in Höhe von bis zu 8 kg und der Beseitigung etlicher Symptome führte, so gelangt man in eine Sackgasse: Die Untersuchung,
deren Resultate anscheinend im Jahr 1998 auf einem alternativmedizinischen Kongress in Mexiko präsentiert wurden, ist schlichtweg nicht aufzutreiben.

 

 

Eine ungeklärte Fallserie

Während für die positiven Auswirkungen von Kombucha auf die menschliche Gesundheit bisher wenig bis gar keine wissenschaftlichen Belege geliefert wurden, gibt es auf der anderen Seite eine ganze Reihe an Fallberichten, die den Genuss von Kombucha mit schwerwiegenden Stoffwechselentgleisungen in Verbindung bringen, wie auch die Verbraucherzentrale auf ihrer Website klarstellt (9). So berichtet eine 2009 im Journal of Intensive Care Medicine erschienene Fallstudie (10) von
einem 22-jährigen Patienten, der Atemnot und Fieber entwickelte, nachdem er 12 Stunden zuvor Kombucha zu sich genommen hatte. Nach weiteren Untersuchungen stellte sich heraus, dass er erhöhte Leberwerte und ein akutes Nierenversagen aufwies. Glücklicherweise wurde er bereits 3
Tage später wieder aus dem Krankenhaus entlassen und trug keine bleibenden Schäden davon. Interessanterweise lag bei ihm eine sog. Laktat-Azidose vor, was diesen Patienten mit zwei ähnlichen Fällen aus Iowa, USA in Verbindung bringt, die im Jahr 1995 auftraten (11). Der erste Fall endete für eine vorbelastete 59 Jahre alte Frau tödlich. Sie erlitt einen für die untersuchenden Ärzte unerklärbaren Herzstillstand, konnte jedoch reanimiert werden. Einige Tage später verstarb sie. Auch bei ihr lag eine drastisch erhöhte Laktat-Konzentration im Blut vor. Aus einer Befragung der Angehörigen geht hervor, dass die Frau einige Zeit vorher täglich Kombucha getrunken hatte. Der zweite Fall aus Iowa ging glimpflicher aus: eine 48-jährige Frau wurde mit Atembeschwerden ins Krankenhaus gebracht. Die Ärzte stellten daraufhin Lungenödeme bei ihr fest und auch sie wies einen durch hohe Laktatspiegel verminderten Blut-pH-Wert auf. Sie konnte nach kurzer Zeit wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden. Interessanterweise hatten beide Frauen ihren Kombucha mithilfe von Ablegern ein und desselben Kombuchapilzes fermentiert, wobei es bei den
mindestens 115 anderen Personen, die einen Ableger dieser Kultur erhalten hatten, zu keinem weiteren Fall kam. In der Stadt Sheffield im Vereinigten Königreich kam es zu einem sehr ähnlichen Fall (12): Dort wurde eine 54-jährige Asthmatikerin mit Atemnot im Krankenhaus vorstellig, die zuvor über mehrere Monate hinweg regelmäßig Kombucha getrunken hatte. Auch sie wies eine pathologische Ansäuerung des Blutes durch Milchsäure auf, konnte sich jedoch durch medizinische Betreuung und Absetzen des Kombucha-Tees vollständig erholen. Auch existieren Fallberichte, die Kombucha mit allergischen Reaktionen, Leber-Toxizität, Übelkeit & Erbrechen sowie mit Gelbsucht in Verbindung bringen (13,14).

 

 

Fazit


Kombucha ist eine spannende Angelegenheit für alle, die sich für Fermentation und Mikrobiologie interessieren. Die angeblichen gesundheitlichen Vorzüge von Kombucha sind jedoch insgesamt nicht hinreichend untersucht. Auch wenn der Genuss von Kombucha für viele vermutlich unbedenklich ist, scheint es möglicherweise Individuen zu geben, die auf das Ferment des Teepilzes mit heftigen Stoffwechselentgleisungen reagieren. Solltet Ihr Euch dennoch dazu
entschließen, Kombucha selbst herzustellen, solltet ihr unbedingt auf hygienische Bedingungen achten.

 

 

 

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Quellen:
1. Jayabalan R, Malbasa RV, Loncar ES, Vitas JS, Sathishkumar M. A Review on Kombucha Tea — Microbiology, Composition, Fermentation, Beneficial Effects, Toxicity, and Tea Fungus. Comprehensive Reviews in Food Science and Food Safety 2014; 13:538-550
2. https://www.fairment.de/wissen/kombucha-wissen/kombucha-pilz/
#Kombucha_ist_das_Richtige_fuer_dich,_wenn… (letzter Zugriff am 20.05.2020)
3. http://users.bestweb.net/~om/~kombu/FAQ/part06.html#YAzrad (letzter Zugriff am 20.05.2020)
4. Vikas Kumar V, Joshi VK. Kombucha: Technology, Microbiology, Production, Composition and Therapeutic Value. International Journal of Food and Fermentation Technology 2016; 6:13-24
5. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/?term=kombucha&filter=pubt.clinicaltrial (letzter Zugriff am 20.05.2020)
6. https://clinicaltrials.gov/ct2/resultscond=&term=kombucha&cntry=&state=&city=&dist= (letzter Zugriff am 20.05.2020)
7. Bergström H. The effect of the fermented tea beverage kombucha on the gut microflora: A double-blind placebo-controlled study. Lunds Universitet 2018 (https://lup.lub.lu.se/studentpapers/search/publication/8954225
8. Hiremath US, Vaidehi MP, Mushtari BJ. Effect of Fermented tea on the blood sugar levels of NIDDM Subjects. The Indian Practitioner 2002; 55:423-425; http://medind.nic.in/imvw/imvw632.html (letzter Zugriff am 20.05.2020)
9. https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/kennzeichnung-und-inhaltsstoffe/kombucha-13938 (letzter Zugriff am 20.05.2020)
10. Kole ASH, Jones HD, Christensen R, Gladstein J. A Case of Kombucha Tea Toxicity. Journal of Intensive Care Medicine 2009; 24:205-207
11. Centers for Disease Control & Prevention (CDC). Unexplained Severe Illness Possibly
Associated with Consumption of Kombucha Tea — Iowa, 1995. Morbidity and Mortality Weekly Report 1995; 44:892-893
12. Holbourn A, Hurdman J. Kombucha: is a cup of tea good for you? British Medical Journal Case Reports 2017; doi: 10.1136/bcr-2017-221702
13. Srinivasan R, Smolinske S, Greenbaum D. Probable Gastrointestinal Toxicity of Kombucha Tea – Is This Beverage Healthy or Harmful? Journal of General Internal Medicine 1997; 12:643–644.

14. Perron AD, Patterson JA, Yanofsky NN. Kombucha “Mushroom” Hepatotoxicity. Annals of Emergency Medicine 1995; 26:660-661

 

© Bild: Franziska Henkel / Studis UGB 

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